Mitteilung
Veröffentlicht am 19.03.2024

Haushaltsrede 2024 der CDU-Fraktion

Haushaltsrede 2024 der CDU-Fraktion

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen,

liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

wie kann die Verwaltung auch nur hoffen, dass die Politik einem solchen Haushalt, der von allen Bürgerinnen und Bürgern Schmerzhaftes abverlangt, zustimmt? Einsparungen hier, Steuererhöhungen da. Es wäre so einfach, so populistisch, einfach „nein“ zu sagen.

Aber Politik muss bereit sein, auch unangenehme Entscheidungen zu treffen, wenn kein anderer Weg gefunden werden kann. Die CDU-Fraktion hat in den Beratungen viele Fragen gestellt, auf der Suche nach einem solchen Weg, aber…. niemand hat den goldenen Topf am Ende des Regenbogens gefunden. Selbst die Verwaltung schlägt, mit Ausnahme einiger kleinen Maßnahmen, keine große, konkrete Einsparung vor, sondern muss zum letzten Mittel greifen, dem viele Jahre verteufelten „Rasenmäher“, der jetzt „globaler Minderaufwand“ heißt. Dies bedeutet, dass auch die Verwaltung sparen will und muss . Immerhin 1,6, Mio. Euro jährlich.

Wir könnten einen anderen Weg gehen, der deutlich mehr Geld spart:

Schließung der höchst freiwilligen Einrichtungen Schwimmbad, Medienwelt, Jugendhaus, WIR Haus, Zeittunnel, Museum.

Aber, der gesamte Rat hat sich für den Erhalt dieser Einrichtungen, ausgesprochen. Richtig so!

Aber wer E wie erhalten sagt, der muss auch den Mut haben, B wie bezahlen zu sagen.

Aber mit diesem Haushalt und insbesondere dem zugehörigen Haushaltssicherungskonzept geht es um mehr als Geld, …und jetzt gebrauche ich ein großes Wort, es geht auch um Freiheit.

Vor 50 Jahren, daran wurden wir dankenswerterweise durch die Ausstellung hier in diesem Rathaus erinnert, haben Wülfratherinnen und Wülfrather für ihre Selbständigkeit gekämpft und … gewonnen. Wülfrath blieb selbstständig und Selbstständigkeit ist Freiheit. Freiheit das zu tun, was wir Wülfrather für Wülfrath richtig halten und nicht Andere. Wenn wir es aber heute selbst nicht schaffen, unsere Finanzen wenigstens in Ordnung zu halten, dann steht diese Freiheit wieder zur Disposition, … dann stehen Wir zur Disposition.

Einige sind der Meinung, vielleicht wäre ja die Zusammenführung der Kreiskommunen in eine Großstadt „Neandertal“ besser, preiswerter, effizienter.

Ich warne dringend vor solchen Gedankenspielen, wir Wülfrather sind mit dem Problem der „Kleinsten“ belastet. Wir wären im Verhältnis zu Ratingen, zu Velbert nie Partner auf Augenhöhe, wir wären ein nettes Anhängsel.

Daher ist es für uns Wülfrather viel wichtiger als für andere zu beweisen, dass wir es selbst und alleine schaffen. Dieser Beleg ist der vorliegende Haushalt und das dazugehörige Haushaltssicherungskonzept.

Wie aber kamen wir in die Situation, dass solche Maßnahmen unabdingbar sind?

Dass ein Großteil der Schuld bei Land, Bund, den Gesamtumständen und der unzureichenden Kommunalfinanzierung zu suchen ist, wurde nun schon oft genug erläutert und erklärt. Vieles liegt hier im Argen. Dies kann der Rat jedoch nicht beeinflussen.

Es geht daher allein darum festzustellen, was wir selbst besser machen können.

Wo liegen die Probleme:

Wülfrath, und dies gilt seit Jahrzenten, hat kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabeproblem.

Einfacher gesagt: Wir tanzen auf zu vielen Hochzeiten.

Warum?

Sicher nicht, weil wir zu vergnügungssüchtig sind.

Hier komme ich wieder auf die Natur der Freiheit zurück.

Freiheit wird nicht nur durch die „Peitsche“ eingeengt, sondern, sehr viel listiger, auch durch das „Zuckerbrot“.

Die „Peitsche“, das sind im kommunalen Bereich die vielen Pflichtaufgaben, die von Land und Bund den Kommunen übertragen werden, ohne die hierfür ausreichende Finanzierung zu gewährleisten. Dies ist leicht zu identifizieren und zu kritisieren.

Das „Zuckerbrot“ von Bund und Land ist jedoch ebenso gefährlich, denn hiermit wird versucht, in die Kommunen hineinzuregieren, damit die Städte ihr Geld für Dinge ausgeben, die Bund und Land für wichtig halten, aber möglicherweise nicht die Bürger selbst. Dieses „Zuckerbrot“ in der Kommunalpolitik sind Fördergelder.

Da gibt es Geld für alle möglichen tollen Sachen – Klimamanagement, Innenstadtförderung, Lärmschutzaktionspläne und, und, und.

Bedauerlicherweise werden all diese tollen Sachen von dem, der sie gerne umgesetzt haben will, in der Regel niemals zu 100%, also vollfinanziert. Es bleibt immer ein oft erheblicher Teil der Kosten bei der Stadt „hängen“. Darüber hinaus müssen oft, aufgrund notwendiger flankierenden Maßnahmen, weitere finanzielle und personelle Ressourcen eingesetzt werden. Ausgabepositionen, die nach Ablauf der Förderung nicht einfach wieder auf Null gestellt werden können. Wer will schon etwas Liebgewordenes einfach wieder „einstampfen“?

Wir müssen uns offen eingestehen, dass manche dieser tollen Sachen zu einer deutlichen Ausweitung des Stellenplans in den letzten Jahren beigetragen haben. Ich will keine Kritik daran üben, im Gegenteil, ich will vielmehr in diesem Zusammenhang

mit einer oft wiederholten Mär aufräumen, die CDU hätte Stellen nicht genehmigt oder gar gestrichen. Die CDU hat in den letzten 20 Jahren nicht eine Stelle gestrichen, die CDU hat alle, ich wiederhole alle, Personalanforderungen der Verwaltung in vollem Umfang mitgetragen.

Mein Blick richtet sich zu diesem Thema in die Zukunft und ich zitiere nur einen Satz aus dem Haushaltssicherungskonzept, dort Seite 19:

„Darüber hinaus sollten im Zuge der Haushaltssicherung Prozessoptimierungen umgesetzt werden, die Stellenplanreduzierungen ermöglichen.“

Wir müssen, so schwer es fällt, da es ja alles tolle Sachen sind, lernen „Nein“ zu sagen. Wir dürfen Projekte, Maßnahmen, Stellen nicht nur durchführen und einrichten, weil es dafür eine Menge Fördergeld gibt. Entscheidungserheblich ist allein, ob wir sie wirklich, wirklich brauchen.

Auch hier wieder eine simple Wahrheit:

Ja, es ist alles so toll, nur wir können es uns nicht alles leisten.

Wo ist der Weg in die Zukunft, wo ist der Weg, diese unsere Freiheit zu sichern?

Genau wie in der großen Politik, gibt es unseres Erachtens nach nur einen Weg:

Eine strikte Priorisierung muss her.

Ein erster Schritt – leider zu spät für diesen Haushalt – war das parteiübergreifende Strategiegespräch im Januar dieses Jahres. Das Ergebnis war eindeutig.

An erster Stelle stehen der Wohnungsbau und das Gewerbe. Hier sowohl die Pflege des Bestandes als auch die dringend erforderliche Neuansiedlung.

Hinter diesen Zielen hat alles andere zurückzustehen.

Damit ich auch an dieser Stelle, nicht falsch verstanden werde:

Fast alles in diesem Haushalt und den Haushalten der Vorjahre war gut richtig und richtig. Aber angesichts der eingeschränkten finanziellen und Man-and-Womanpower

Ressourcen muss klar entschieden werden, welche Dinge wichtiger sind als andere. Denn die Ressourcen der Stadt können nur einmal verbraucht werden.

Die Auswirkungen einer Strategie sind langfristig.

Die neue strategische Ausrichtung muss sich in den Folgejahren deutlicher im Haushalt selbst niederschlagen, und es ist nicht ausgeschlossen, dass auf Grundlage dieser Strategie auch bei der Umsetzung des Haushaltssicherungskonzeptes nachgesteuert werden muss.

Aber weg vom allzu Theoretischen. Ein praktisches Beispiel:

Im Strategieworkshop am 20.01.2024 wurde ausdrücklich festgehalten, dass bei der Förderung von Gewerbe nicht länger der Einzelhandel einbezogen werden soll. Dort wurde in mutigem Vorangehen zunächst festgehalten, dass das Einzelhandelsförderprogramm nicht weiterverfolgt und die Förderung zurückgegeben werden soll.

Wir haben hier - ob richtig oder falsch wird sich noch erweisen – zurückgerudert und beschlossen, das Einzelhandelsförderungsprogramm für die Innenstadt doch umzusetzen. Allerdings als aller, aller letzten Versuch. Die Betreuung dieses „allerletzten Versuchs“ soll durch das City Management – ebenfalls Ergebnis einer Fördermaßnahme – betreut werden. Weitere Maßnahmen wie der Walking-Act fallen dieser Strategie bedauerlicherweise aber auch notwendigerweise zum Opfer.

Hiermit hört aber die Umsetzung der Strategie nicht auf. Schon heute muss ein Plan B überlegt werden, was geschieht, wenn diese allerletzte Maßnahme nicht greift?

Dann muss nachgedacht werden, ob es noch sinnvoll ist, für fast 100.000,00 € jährlich ein Gebäude für die Wülfrather Medienwelt – die auf jeden Fall erhalten werden soll –anzumieten oder ob diese Einrichtung besser in eine stadtnahe städtische Immobilie umzieht. Grund der Anmietung von Dritten war allein die Hoffnung, mittels dieses

“Frequenzbringers“ in die Fußgängerzone, den Einzelhandel zu stärken. Dieser einzige Zweck entfiele.

Es muss aber noch weitergedacht werden:

Wenn in der Innenstadt, bei Scheitern dieses allerletzten Versuchs, die Zeit des Einzelhandels vorbei ist, muss den Immobilienbesitzern durch eine Veränderung des B-Plans die Möglichkeit gegeben werden, jedwede Art von Dienstleistung und auch Wohnen in den Erdgeschosslagen der Fußgängerzone anbieten zu dürfen, damit die Stadt nicht tot bleibt.

An diesem Beispiel sieht man:

Strategie umsetzen, heißt Weiterdenken. Notwendige zukünftige und flankierende Maßnahmen frühzeitig zu überlegen und rechtzeitig einzuleiten.

Noch nie ist es uns so schwer gefallen, einem Haushaltsentwurf zuzustimmen.

Aber wir glauben, dass auf Grundlage der Umsetzung dieser parteiübergreifenden Strategie unter Führung unseres neuen Kämmerers Sebastian Schorn ein Weg in eine weiterhin selbstbestimmte Zukunft gefunden werden kann.

Wir danken dir, Sebastian, und deinem ganzen Team an dieser Stelle ausdrücklich, nicht allein für die Aufstellung des Haushaltes, sondern insbesondere für die vorbildliche Begleitung der Beratungen.

Und nicht zuletzt als Anerkennung und Wertschätzung dieser geleisteten Arbeit stimmt die CDU-Fraktion dem Haushaltsplan und dem zugehörigen Haushaltssicherungskonzept zu

Und vielleicht ein Allerletztes, weil ich den Begriff Freiheit so viel strapaziert habe:

Jedes Parlament ist ein Ort des Streites, des Meinungsstreites, wie hier und heute erneut um die Frage einer zukünftigen Ratsverkleinerung. Jede Seite, und ich sagte das bereits in der Diskussion, hat sehr gute Argumente, mit denen man sich intensiv, kontrovers und vielleicht auch mal hitzig auseinandersetzen kann, darf und muss. Ein Raum für Diffamierungen ist der Ratssaal allerdings nicht.

Und sowohl in dieser Situation wie auch, wenn ich meinen sehr persönlichen Blick auf die politische Gesamtsituation lenken darf, zitiere ich – man höre und staune – Rosa Luxemburg:

„Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden“

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Es gilt das gesprochene Wort)

Axel Effert

Vorsitzender CDU-Fraktion im Rat der Stadt Wülfrath